Bei bestem Sommerwetter waren gestern in Dresden mit der #Unteilbar-Demo rund 40 000 Menschen für eine offene und freie Gesellschaft auf der Straße. Laut, bunt und fröhlich – ein Vorgeschmack auf eine befreite, solidarische Gesellschaft und ein gutes Leben für alle.
Hier könnt ihr unser Grußwort für den feministischen und queeren Block…
hören. (Vielen Dank an die Aktivist*innen von e*vibes!)
Und hier lesen:
Wir, die Kampagnegruppe der Kampagne Sexarbeit ist Arbeit- Respekt! sind ein Netzwerk von Sexarbeiter*innen, queer/feministischen Aktivist*innen und Sozialarbeiter*innen, die sich für die Rechte von Sexarbeiter*innen einsetzen.
Wir möchten euch kurz schildern, wie Sexarbeiter*innen den allgemeine Rechtsruck und das gesellschaftliche Rollback für Sexarbeiterinnen zu spüren bekommen:
Jahrelang haben ProstitutionsgegnerInnen eine Hetz-Kampagne gegen Sexarbeiterinnen geführt, sich über uns erhoben und immer wieder behauptet, wir „könnten letztendlich nicht selbst entscheiden, ob wir anschaffen gehen, wir müssten vor uns selbst geschützt werden, eigentlich seien wir Opfer und brauchten den Schutz des Staates“.
Dies mündete am 01. Juli 2017 im sogenannten ProstituiertenSchutzGesetz, dass uns umfänglich einer staatlichen Kontrolle und Überwachung unterstellt – mit einer paternalistischen Haltung.
Jede Sexarbeiter*in muss sich seitdem halbjährlich bzw. 1 x jährlich einer gesundheitlichen Zwangsberatung stellen – für Ernährung, Gesundheit, Schwangerschaft und Drogen – und einer jährlich bzw. 2-jährlich zu wiederholenden Anmeldung. Für beides werden Bescheinigungen ausgestellt, die auch verweigert werden können. Ohne diese darf eine Sexarbeiter*in nicht arbeiten. Das hat für sie und gegebenfalls auch den Bordellbetreiber Konsequenzen, z. B. in Form eines Bußgeldes. Rechte jedoch bringt es ihr nicht.
Außerdem enthält das Gesetz weitere Schikanen Sexarbeiter*innen dürfen nicht mehr in der jeweiligen Arbeitsstätte übernachten, sondern müssen wenn sie auf Reisen arbeiten, zusätzlich ein teures Hotelzimmer bezahlen. Kleinbetriebe, in denen zwei oder drei Frauen arbeiten, müssen die gleichen baulichen und organisatorischen Auflagen erfüllen wie Großbetriebe. Das treibt viele selbstorganisierte kleine Bordelle mit guten Arbeitsbedingungen in den Ruin, während Großbordelle die Auflagen eher erfüllen können.
Einigen Prostitutionsgegner*innen ist das nicht genug an Schikane und Kontrolle: Sie wollen sexuelle Dienstleistungen nach dem sogenannten schwedischen Modell komplett verbieten.
Doch hier geht es nicht in der Hauptsache um Freierbestrafung. Kaufen und Verkaufen gehören zum gleichen Kreislauf. Wer den Kauf verbietet, entzieht Sexarbeiter*innen die Verdienstgrundlage, treibt sie in unsichere Arbeitssituationen und legitimiert die Bestrafung, indem alle Sexarbeiterinnen per se als Opfer klassifiziert werden, unabhängig davon, wie sie ihre eigene Situation sehen.
Das ist ein Angriff auf unser sexuelles Selbstbestimmungsrecht und unsere ökonomische Existenz. Aber nicht nur das: Frauen die eigene Wahrnehmung abzusprechen und sie pauschal als Opfer zu bezeichnen, ist eine zutiefst patriarchale Strategie um sie zu entmündigen.
Für uns ist klar: Solche Bestrebungen sind antifeministisch:
Es sollte eine feministische Selbstverständlichkeit sein, Sexarbeiterinnen im Kampf um mehr Rechte und um Respekt zu unterstützen. Wir lassen uns nicht spalten in emanzipierte Frauen und sogenannte, von außen definierte Opfer. Sexismus und Patriarchat betrifft uns alle – wenn auch in unterschiedlicher Form.
Dem setzen wir unsere unteilbare Solidarität entgegen:
Wer das Selbstbestimmungsrecht von Frauen* und LGBTQ einschränkt oder einschränken will, muss mit unserem Widerstand rechnen. Ob gegen den § 218, ob gegen repressives Aufenthaltsrecht oder diskriminierende Gesetze gegen Sexarbeiter*innen – als Feminst*innen und queere Aktivist*innen kämpfen wir für Selbstbestimmung.