Mit einer Pressekonferenz in Berlin startete heute am 2. Juni, dem Internationalen Hurentag, offiziell unsere Kampagne “Sexarbeit ist Arbeit. Respekt!”.
Die Kampagne wird getragen von einem Bündnis aus Sexarbeiter*innen, feministischen Aktivist*innen, Sozialarbeiter*innen und anderen Unterstützer*innen.
Ein unserer zentralen Forderungen ist die Rücknahme des am 1. Juli in Kraft tretenden Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG):
„Dieses Gesetz schützt Sexarbeiter*innen nicht, sondern kontrolliert und bevormundet sie. Wir wollen einklagbare Rechte statt Einschränkungen der Grundrechte“, so Stephanie Klee, Sprecherin der Kampagnengruppe.
Die Aktivist*innen der Kampagne kritisieren das Prostituiertenschutzgesetz aus unterschiedlichen Perspektiven scharf: Sexarbeiter*innen befürchten, dass viele von ihnen in die Illegalität abgedrängt werden; Sozialarbeiter*innen sehen durch die Einführung der Zwangsberatung grundlegende ethische Prinzipien der Sozialarbeit gefährdet, und Feminist*innen sind davon überzeugt, dass sich die Stigmatisierung von Sexarbeit letztlich gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht aller Frauen* richtet.
Auf unserer Pressekonferenz kamen diese unterschiedlichen Stimmen zum Tragen: Die Ex-Sexarbeiterin Ariane lehnt die Registrierungspflicht klar ab und gibt zu Bedenken, dass die Registrierung von Prostituierten zum letzten Mal zu NS-Zeiten durchgeführt wurde.
Dr. Margarete von Galen sieht aus juristischer Sicht die grundgesetzlich gewährleistete Berufsausübungsfreiheit in Gefahr und betont: “Die im Gesetz vorgesehene „persönliche“ Anmeldepflicht für Prostituierte ist in Zeiten digitaler Kommunikation ein beispielloser Anachronismus und dient ganz offensichtlich nur dazu, den Zugang zum Beruf zu erschweren.”
Stefanie Lohaus, Journalistin, Mitgründerin und Herausgeberin des Missy Magazine, spricht sich aus feministischer Perspektive für eine komplette Entkriminalisierung der Sexarbeit aus und erklärt: “Die Debatte, ob Sexarbeit emanzipatorisch sein kann oder immer Gewalt bedeutet, biegt in eine falsche Richtung ab, denn unabhängig von moralischen oder feministischen Fragestellungen wird Sexarbeit täglich ausgeübt. Viele Lösungsvorschläge, die der Sicherheit dienen sollen, lassen dabei die Frage von Gewalt, die gegenüber Sexarbeiter*innen durch staatliche Institutionen ausgeübt wird, außen vor.”
Aus Perspektive der Sozialarbeit sieht Astrid Gabb, Leiterin der Beratungsstelle “Madonna e.V.” in Bochum, die im Gesetz vorgesehenen Zwangsberatungen besonders kritisch. Diese unterlaufen grundlegende Prinzipien der Sozialarbeit wie Freiwilligkeit und Anonymität im Beratungskontext. Astrid Gabb erklärt weiterhin, dass es “die grundlegende Aufgabe der sozialen Arbeit ist, gesellschaftliche Benachteiligungen abzubauen. Deshalb muss Sozialarbeit die Rechte der Sexarbeiter*innen stärken und diese Kampagne unterstützen.”
Ebenfalls zur Solidarität mit Sexarbeiter*innen ruft Prof. Dr. Kathrin Schrader auf, die Sexarbeit zum Bereich der Care-Arbeiten zählt und sich aus diesem Bereich mehr Unterstützung der Sexarbeiter*innnen-Bewegung wünscht.
Emy Fem, mehrfachstigmatisierte Sexarbeiterin, Aktivistin und Mitverfasserin eines Positionspapiers gegen das Prostituiertenschutzgesetz, befürchtet “dass viele Sexarbeiter*innen durch das ProstSchG in die Illegalität abgedrängt und deren Arbeitsbedingungen durch diese menschenunwürdige Gesetzgebung massgeblich verschlechtert“ werden.
Abschließend fasst Stephanie Klee als Sprecherin für die Kampagnengruppe zusammen: „Wir kämpfen für soziale Gerechtigkeit. Das bedeutet für uns die vollständige Entstigmatisierung von Sexarbeit und die Gleichstellung von Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigkeiten.“